Break free!
Liebe Menschen,
Auch in diesem Jahr ist alles anders.
Und trotzdem haben wir uns wieder entschieden einen CSD in Freiburg zu veranstalten.
Auch 2021 blicken wir als Orga auf ein erfolgreiches CSD Wochenende zurück.
Wir wollen unsere ersten Worte dieses Fazits allen Helfenden und Unterstützenden widmen, die dieses Spektakel mit uns zusammen ermöglicht haben; nur durch diesen Einsatz konnte die CSD-Kundgebung Realität werden.
Trotz der aktuellen Gefahrenlage um Covid-19 haben wir es mit euch zusammen geschafft.
Wir haben wie auch 2020 mit etwa 1.000-1.500 Teilnehmerinnen gerechnet. Es waren mit über 5.000 Teilnehmerinnen aber mehr als fünf mal soviele Menschen gekommen.
Es freut uns sehr, dass sich soviele Menschen am Protest für die Rechte der LSBTTIQ-COMMUNITY beteiligen und unseren Forderungen Gewicht verleihen.
Den 1,5 Meter-Abstand zwischen den Teilnehmenden einzuhalten war angesichts der großen Menschenmenge aber schier unmöglich. Trotz unserer permanenten Durchsagen, die Abstände einzuhalten, konnte dieses Ziel deshalb leider nur temporär verwirklicht werden. Dass auch wir als Orga glücklicher damit gewesen wären, wenn die Abstände immer und von allen eingehalten worden wären, steht außer Frage.
Über Teile der lokalen Presseberichterstattung sind wir jedoch sehr irritiert. Herr Mauch (Ressortleiter / Stadtredaktion Freiburg) tut sich in punkto Negativpresse und CSD wieder einmal hervor. Dabei schwingt er sich in seinem Kommentar zum persönlichen Berater des Oberbürgermeisters auf, indem er ihm Handlungsanweisungen aufdrängt. Darüber hinaus verquickt er auch Themen die rein sachlich nichts miteinander zu tun haben, sich aber anbieten, um Stimmung gegen den CSD und die LSBTTIQ-COMMUNITY zu machen. Auch Herr Mauch dürfte mitbekommen haben, dass sich die Coronaverordnung für Kitas, Schulen und andere Indoorveranstaltungen von der für Versammlungen unter freiem Himmel unterscheidet.
Alle Teilnehmenden des CSD pauschal als ignorant zu bezeichnen und diese der „verantwortungsbewussten Gesellschaft“ gegenüber zu stellen, ist aus verschiedensten Perspektiven betrachtet schlicht weg falsch und bei genauerem Hinsehen als stumpfe Polemik zu entlarven. Das scharfe Vokabular von Herr Mauch ist Wasser auf die Mühlen derer, welche die in Teilen unzureichende Erfüllung der Abstände, dazu nutzen, um endlich hemmungslos gegen die LSBTTIQ-COMMUNITY zu hetzen. Was sich in den Kommentarspalten von Badischer Zeitung und Facebook unmittelbar abzeichnete. Mauchs Versuch den „ignoranten CSD Teilnehmenden“ die „verantwortungsbewusste Gesellschaft“ entgegenzustellen gipfelt darin, dass er den CSD in einem Atemzug mit den „Querdenker-Demos“ nennt. Diese Parallele zu ziehen ist ungeheuerlich.
Die plumpe Stimmungsmache von Herrn Mauch gegen den CSD und seine Teilnehmer*innen verurteilen wir aufs Schärfste.
Die Inzidenz in Freiburg ist seit dem CSD übrigens kontinuierlich gesunken. Vor dem CSD hat sich die Freiburger Inzidenz binnen 3 Wochen von 3 auf 19 versechsfacht. Wäre diese Kurve kontinuierlich müsste die Inzidenz 3 Wochen nach dem CSD bei 120 liegen, und das auch komplett ohne das Event CSD. Jetzt, 3 Wochen nach dem CSD liegen wir in Freiburg bei einer Inzidenz von 16. Das zeigt aber auch, dass solche Prognosen und Rechenspiele nicht wirklich Sinn machen.
Vielleicht wären Herr Mauch und Konsorten gut beraten darin, sich künftig an Fakten und nicht an bloßem Empfinden zu orientieren. Die politische Ausrichtung der Berichterstattung ist sonst all zu leicht zu entlarven.
Was uns auch traurig und wütend macht ist, dass in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf dem CSD-Platz randaliert wurde. Mehrere, der von uns gemieteten, mobilen Toiletten wurden umgeworfen. Zudem wurden drei unserer großen Transparente heruntergerissen und gestohlen. Hinweise zu den Taten nehmen wir gerne entgegen.
Aber nun zurück zu den guten Nachrichten des CSD 2021.
Wir konnten real in die Öffentlichkeit treten und zeigen, dass wir als Community zusammenhalten.
Der CSD Freiburg feierte in seiner jetzigen Konstellation dieses Jahr seinen 8. Geburtstag. Vor 8 Jahren fragten sich ein paar Menschen in der Community: „Warum gibt es in Freiburg eigentlich keinen CSD (mehr)?“ Was im ersten Jahr noch relativ zügig in ein paar Monaten über die Bühne ging – die Planung von Demonstration, Kundgebung und Partys – ist mittlerweile ein ganzjähriger Kraftakt geworden, den ein sehr kleines Orga-Team jedes Jahr aufs Neue stemmt. Von Jahr zu Jahr steigende Teilnehmendenzahlen sowie die Professionalisierung des Ablaufs führten zu immer höheren Ansprüchen, Anforderungen und Auflagen, die die Organisation dieses Fests der Liebe zu einer wahren Herausforderung machen.
Und trotz der schier unmöglichen Umstände haben wir es auch 2021 geschafft einen CSD mit Kundgebung auf die Beine zu stellen. Die Stimmung war fantastisch und der umwerfende Erfolg gibt uns recht. Ein unkommerzieller, alternativer CSD ist auch in ‚Coronazeiten‘ möglich!
Politisches Fazit 2021 und Kritik
Auch in diesem schwierigen Jahr ziehen wir für die Kundgebung auf dem Stühlinger Kirchplatz insgesamt eine positive Bilanz.
2021 ist es uns wieder gelungen, ein schönes, großes und liebevolles Fest für alle Menschen zu organisieren.
Was uns allerdings sprachlos macht: Zwischen unserer Demo 2019 und dem diesjährigen CSD wurde keine einzige unserer langjährigen Forderungen erfüllt. Solange unsere Forderungen und somit auch die Community nicht vollumfänglich in der Gesellschaft ankommen, bleiben wir unbequem und erinnern jedes Jahr an all die Dinge, die das Leben von LSBATIQ-Personen einschränken und beschneiden. Alle Redebeiträge dieses Jahr waren politisch und gesellschaftskritisch erarbeitet und folgten unserer Empfehlung, sich mit dem diesjährigen Motto auseinanderzusetzen – auch hierfür möchten wir uns herzlich bedanken! Wir hatten mit über 20 Infoständen soviele teilnehmende Gruppen wie noch nie. Und mit über 40 Künstlerinnen und Redner*innen während unseres 8 stündigen Bühnenprogramms haben wir auch hier einen neuen Rekord aufgestellt.
Alles in allem hat vieles gut funktioniert und an manchen Dingen bleibt weiterhin Verbesserungsbedarf.
Wir wünschen uns weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit den teilnehmenden Gruppen.
Last but not at all least:
Wir verstehen den CSD als Erinnerungstag an die Aufstände der queeren Community in der Christopher Street, als Tag an dem alle Menschen, egal welcher geschlechtlichen Identität oder welcher sexuellen Orientierung, sich so zeigen dürfen wie sie sind. Es ist der Tag, an dem die Anliegen der queeren Community ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft – in der Mitte der Stadt – finden, sowie alle aktiven queeren Gruppen und deren Unterstützenden für ihre Rechte und Anliegen auf die Straße gehen. Wir freuen uns sehr, dass im Vorfeld zum CSD 2021 ein guter und konstruktiver Austausch mit den beteiligten Stellen der Stadt stattgefunden hat.
Wir sind einer der größten CSDs in Deutschland (im Hinblick auf die Teilnehmendenzahl)!
Wir sind unkommerziell!
Wir sind ein Teil von Freiburg und wir bleiben!
Zahlen
Der CSD Freiburg wird von Vielen getragen und unterstützt. Dafür sind wir dankbar und darauf sind wir stolz. Weder die Kundgebung noch die anderen CSD-Veranstaltungen wurden und werden von kommerziellen Werbebannern erdrückt. Wir sind stolz darauf, euch nach bisherigem Stand auch in diesem Jahr sagen zu können: ganz ohne Gebühren für Infostände und Gruppen oder Eintrittspreise – ein unkommerzieller CSD ist möglich! Da wir aufgrund der Coronaverordnungen keine Abendveranstaltung und Partys machen könnten, ist uns unsere Finanzierungsquelle erneut komplett weggebrochen. Wir danken deshalb ausdrücklich der Stadt Freiburg für ihre finanzielle Unterstützung des CSD. Und hoffen, dass wir damit auch in Zukunft rechnen dürfen.
Für uns stehen Inhalte im Vordergrund, weshalb wir dieses Jahr nochmal ganz klar an alle teilnehmenden Rednerinnen/Gruppen kommuniziert haben: seid politisch, seid kreativ! Der CSD war und ist für uns eine politische Veranstaltung. Politische Inhalte, Workshops und Diskussionen, sowie queere Kultur- und Partyveranstaltungen, die Kundgebung und die Demonstration durch die Freiburger Innenstadt stehen seit Anbeginn im Mittelpunkt unseres Handelns. Diese Linie haben wir über die vergangenen Jahre fortgeführt und verzeichnen hiermit immer größeren Erfolg. Die Anzahl der Infostände ist dieses Jahr mit über 20 zu betiteln. Die Schätzungen bezüglich der Teilnehmerinnen der Kundgebung belaufen sich auf mindestens 5.000 Personen (Polizei). Unsere Einschätzung als CSD Orga liegt ähnlich.
Wir freuen uns sehr, dass trotz ‚Corona‘ wieder einmal Hunderte Menschen an diesem Tag für die Rechte von LSBATIQ-Personen auf die Straßen gegangen sind und damit auch international, beispielsweise mit den Aktivistinnen in Polen, Ungarn, Georgien oder der Türkei, Solidarität gezeigt haben.
Ein Kernteam aus dreizehn Menschen verschiedenster sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten, sozialer und geografischer Herkunft sowie aller Altersstufen hat ein Jahr lang darauf hingearbeitet, den CSD Freiburg in dieser Form zu ermöglichen und queere Netzwerke zu erweitern. Insgesamt lässt sich sagen, dass der Freiburger CSD von hunderten Menschen getragen, von Tausenden unterstützt und noch mehr Menschen in Bewegung gebracht wurde.
Awareness
Wir haben uns auch in diesem Jahr von euch einen verantwortungsbewussten Umgang mit euch selbst (Alkohol/Drogenkonzept), mit anderen und eurer Umwelt (Müllkonzept) gewünscht. Dies bezog sich auch auf den Konsum von Speisen und Getränken (vegan).
Kern unseres Awarenesskonzeptes war, dass wir übergriffiges Verhalten, Homo- und Transfeindlichkeit, sowie Sexismus, Rassismus, Ableismus und Nationalismus auf unseren Veranstaltungen nicht dulden. Hunderte Menschen haben zusammen den CSD gefeiert und trotz sexuell aufgeheizter und berauschter Stimmung, Menschenmassen und lauter Musik eine äußerst freundliche, friedliche und respektvolle Atmosphäre geschaffen. Leider wurde uns von zwei Fällen sexueller Belästigung während und nach der Kundgebung auf dem Nachhauseweg erst im Nachhinein berichtet. Wir möchten noch einmal betonen, dass für Menschen, die sich übergriffig verhalten und damit Grenzen anderer nicht berücksichtigen auf unseren Veranstaltungen kein Platz ist! Das gilt für alle (auch für Zuschauerinnen, Fotografinnen und Passantinnen).
Wir wünschen uns von allen einen respektvollen Umgang miteinander und bitten jeden, dieder sich belästigt fühlt, sich an unser Awareness-Team oder die Security und die Orga am CSD Infopoint zu wenden, denn genau dafür sind wir da und nur so kann man zeitnah handeln – im Sinne der Betroffenen, als auch um erneuten Übergriffen entgegen zu wirken.
Das Besondere am CSD Freiburg
Der Freiburger CSD 2021 war Dank der finanziellen Unterstützung durch die Stadt Freiburg auch in diesem schwierigen Coronajahr unkommerziell.
Dies ermöglicht es uns auch 2021 weder für teilnehmende Gruppen, noch für Infostände Gebühren zu erheben und damit einen größtmöglichen Zugang für alle zum CSD in Freiburg zu schaffen. Auch hier können wir nur alle anderen CSDs ermutigen wieder mehr die eigentliche Sache in den Mittelpunkt zu stellen. Der CSD ist keine kommerzielle Werbeveranstaltung, die durch Werbebanner erschlagen werden sollte, sondern eine politische und das soll auch so bleiben.
Der Freiburger CSD 2021 war antirassistisch und gegen Nationalismus gerichtet, wie seit 2014 in jedem Jahr. Forderungen wie beispielsweise die nach einem Bleiberecht für alle Geflüchtete sind für uns elementar, unter denen LSBATIQ*-Menschen eine mehrfach bedrohte Gruppe darstellen.
Wir werden uns auch weiterhin für die Rechte aller Menschen einsetzen.
Der Freiburger CSD 2021 war antifaschistisch, wie seit 2014 in jedem Jahr. Die Bühne der CSD-Orga stand unter dem Label der „Antihomophoben Aktion“. Die politische Positionierung eines CSD war in ihren Ursprüngen schon immer links, ist links und sollte auch immer links bleiben. CSDs sind Gedenktage an die Aufstände und Straßenschlachten queerer Menschen in der New Yorker Christopher Street im Jahr 1969. Die politischen Anliegen der queeren Gemeinschaft sind seit jeher Teil antifaschistischer Politik. Dass sich die CSD-Orga unter der Regenbogenflagge der „Antihomophoben Aktion“ präsentiert, ist also angesichts der CSD-Geschichte eine logische Konsequenz.
Der Freiburger CSD 2021 war solidarisch und mit anderen sozialen Bewegungen vernetzt, wie seit 2014 in jedem Jahr. Ausgrenzung und Diskriminierung betrifft Menschen auf vielfältige Weise, sodass wir die queere Bewegung auch mit anderen Antidiskriminierungs- und Menschenrechtsbewegungen, der Tierrechtsbewegung und der ökologischen und der Klima-Bewegung verbunden sehen. Wir erklären uns auch in Zukunft mit emanzipatorischen sozialen Bewegungen solidarisch.
Der Freiburger CSD 2021 war vegan, wie schon seit 2014 und wird es auch bleiben.
Damit wir unserer Linie auch weiterhin treu bleiben können, bitten wir euch, den Freiburger CSD auch weiterhin zu unterstützen.
Spendet bitte, damit der CSD ein unkommerzielles Projekt bleiben kann
https://freiburg-pride.de/kontakt-spenden/
Kommt zu den offenen Planungstreffen und engagiert euch beim CSD-Verein.
Bringt euch und eure Ideen ein!
Eure CSD Freiburg Orga
Quelle: https://www.facebook.com/CSDFreiburg/posts/5890692594305710