Mit dem Satz „Bin schwul und habe den §175 überlebt“ zeigt Hans-Dieter Straup bei der Kampagne „Freiburger_innen (un-)sichtbar. LSBTTIQ-Menschen in Freiburg“ sein Gesicht. Jetzt wird er bedroht.
Nach dem ersten Schock erstattete er Strafanzeige und geht nun auch an die Öffentlichkeit: Der pensionierte Gymnasiallehrer Hans-Dieter Straup aus Eichstätten, der als einer von zwölf queeren Personen an der Plakatkampagne „Freiburger_innen (un-)sichtbar. LSBTTIQ-Menschen in Freiburg“ teilnimmt, erhielt Ende August ein anonymes Hassschreiben.
Adressiert wurde der handgeschriebene Brief an den SPD-Ortsverein Eichstetten, dessen Vorsitzender Straup ist. „Einer solchen schwulen SPD-Sau wie Hans-Dieter werden wir die Eier und den Schwanz abhacken und einen glühenden Eisenstab ins Arschloch schieben“, heißt es in dem anonymen Drohschreiben. Illustriert wurde der Brief mit einer heterosexuellen pornografischen Abbildung.
Straup ist Bundesvizechef der SPDqueer
Den Zusammenhang zwischen Straup und der SPD dürfte die absendende Person über die Kampagnenwebsite sichtbar-in-freiburg.de hergestellt haben. Dort heißt es über den Aktivisten: „Hans-Dieter ist seit 13 Jahren im Ruhestand, aber noch heute u.a. als Landes- und stv. Bundesvorsitzender der SPDqueer und Vorsitzender des SPD-Ortsverein Eichstetten im Kaiserstuhl, wo er mit seinem Partner wohnt, ehrenamtlich tätig. Dabei liegt ihm der Einsatz für Akzeptanz und gleiche Rechte besonders am Herzen.“ Auf den städtischen Plakaten ist Straup mit dem Slogan „Bin schwul und haben den §175 überlebt“ zu sehen.
„Wir lassen uns nicht einschüchtern“
Die Reaktionen auf die im Juli im Rahmen des 900. Stadtjubiläums gestartete Akzeptanzkampagne seien „zunächst durchweg positiv“ gewesen, erklärte Straup gegenüber queer.de. Mit einem derart hasserfüllten Drohbrief habe er nicht gerechnet. Er sei zunächst „wie paralysiert“ gewesen und habe sich zwei Tage lang „zu Hause eingeigelt“.
Erst danach habe er reagieren können: „Mir wurde klar, ich darf Angst haben, aber ich muss mich wehren. Wenn die Sichtbarkeitskampagne Sinn machen soll, muss ich damit an die Öffentlichkeit gehen“, erkannte Straup. „Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir wollen angstfrei leben können.“
Unterstützung vom Oberbürgermeister
Die Staatsanwaltschaft forderte der Lehrer im Ruhestand zu einer genauen kriminaltechnischen Untersuchung des handgeschriebenen
Drohbriefes auf. „Der Täter muss erfahren, dass sein hassmotiviertes Handeln und seine menschenverachtende Haltung nicht im Verborgenen bleiben, dass sein Tun öffentlich wird und sein Treiben in unserem demokratisch verfassten Rechtsstaat verfolgt wird“, so Straup. „Und die Gesellschaft soll erkennen können, dass sie zur Anerkennung legitimer Rechte und entsprechend zum Schutz ihrer Minderheiten aufgerufen und verpflichtet ist.“
Unterstützung erhielt der Aktivist bereits von Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn. „Dieses feige, homophobe Schreiben mit pornographischem Bildmaterial ist höchst verletzend und menschenverachtend“, heißt es in einem persönlichen Brief des Stadtoberhaupts an Hans-Dieter Straup. „Ich kann nachfühlen, wie sehr sie sich in ihrer Persönlichkeit angegriffen fühlen. Es ist gut, dass Sie es in Ihrer Umgebung öffentlich gemacht haben, um nicht mit der Ohnmacht, die Sie zunächst ergriffen hat, alleine zu sein.“
Horn dankte Straup für sein „Engagement und ‚Flagge zeigen‘ für ein selbstbestimmtes Leben, damit auch LSBTTIQ-Menschen ohne Furcht und unbefangen als Liebes- und (Ehe-)Paare überall in Freiburg und in Baden-Württemberg ohne Angst leben können“.