„Viele kennen das nicht so wirklich, und vor allem bei der Feuerwehr“ – der 19-jährige Jack macht einen Freiwilligendienst (FSJ) bei der Feuerwehr – und spricht dort offen mit den Kolleg*innen über seine Geschichte als trans* Mann.
Interview mit dem 19-jährigen Jack :
Ein Freiwilligendienst bei der Feuerwehr, das ist eine außergewöhnliche Einsatzstelle. Wie sieht dein Alltag als Freiwilliger aus?
Die meisten Aufgaben bestehen darin, die Einsätze nachzuarbeiten und z.B. die Schläuche zu prüfen, die Atemschutzgeräte, aber auch Papierkram, da gibt es immer viel zu tun. Manchmal gehen auch Sachen kaputt oder es wird festgestellt, etwas funktioniert nicht, dann muss man sich darum kümmern – das ist die hauptsächliche Arbeit. Das Highlight sind natürlich die Einsätze.
Die Feuerwehr in einer mittleren Kreisstadt – ist das ein stark von cis-Männern dominiertes Feld?
Ja und nein. Es kommen mehr Frauen dazu, aber es ist noch lange nicht halb halb. In Bretten haben wir circa 10 Prozent Frauen. In der Jugend ist es tatsächlich anders, da sind die Hälfte Mädchen. Es kommt also langsam.
Du bist auch seit deiner Jugend dabei.
Aktiv auf Einsätze fahre ich seit meinem 18. Geburtstag. Bei der Jugendfeuerwehr war ich schon seit ich zehn war, also sobald ich eintreten konnte. Meinen Freiwilligendienst mache ich seit September letzten Jahres. Wenn es möglich ist, werde ich noch um ein halbes Jahr verlängern. Da warte ich gerade auf die Zustimmung des Oberbürgermeisters.
Was nimmst du aus dieser Zeit mit?
Ich habe einige Skills dazugelernt. Ich bin deutlich weniger chaotisch – das heißt nicht, dass ich nicht chaotisch bin – aber es hat sich gebessert. Ich habe einen etwas anderen Blick aufs Leben und ein größeres Verantwortungsbewusstsein.
Du machst deinen Freiwilligendienst bei der Caritas. Wie sind die begleitenden Seminare mit den anderen Freiwilligen für dich?
Ich lerne bei den Seminaren einiges von dem ich sagen würde, das hat man in der Schule verpasst – zum Beispiel politische Bildung. Die Seminare machen natürlich auch Spaß. Jetzt kommt endlich das erste Präsenzseminar, wir freuen uns alle extrem darauf, uns wirklich zu sehen. Die Online-Seminare waren auch okay, aber es hat der Landschulheimcharakter gefehlt. Es ist so ein bisschen wie ein Extra-Urlaub.
Spielt es in deinem Arbeitsalltag als Freiwilliger eine Rolle, dass du trans* bist? War es dir wichtig, das von Anfang an zu kommunizieren?
Von Anfang an zu kommunizieren, dass ich trans* bin, ist in meinem Fall ziemlich wichtig, denn ich will ja mit einem anderen Namen und Pronomen angesprochen werden als auf der Bewerbung stand. Hätte ich das nicht gesagt, hätte mich ja kein Mensch Jack genannt. Meinen Arbeitsalltag beeinflusst das nicht. Ich mache auch nur meine Arbeit, da ist es ja egal.
Natürlich ist meine Identität manchmal Thema, ich finde das aber ganz cool, denn für viele bin ich der Präzedenzfall. Viele kennen das gar nicht so wirklich, und vor allem bei der Feuerwehr. Ich finde es gut, wenn die Kolleg*innen mich fragen, dann kann ich es ihnen erklären und sie haben dann kein extrem komisches Bild von irgendwas im Kopf. Das ist schön, deshalb bin ich auch relativ offen. Ich kann nicht leiden, wenn Leute sich Komisches vorstellen, aber nichts sagen, weil sie denken „Oh, das könnt jetzt irgendwie homophob wirken oder so …“. Ich beantworte immer gerne alle Fragen.
Welche Erfahrungen hast du mit dieser Offenheit gemacht?
Ich bekomme auf jeden Fall viel Unterstützung hier. Anfangs sind manche Leute skeptischer und es gibt auch immer ein paar, die das „nicht so cool“ finden – aber eigentlich sind alle auf meiner Seite und sagen „Klar heißt du Jack“. Es ist jetzt nicht so, dass sie mir mit der Regenbogenflagge hinterherlaufen, aber das müssen sie ja auch nicht. Auch unter den Kamerad*innen, also den Freiwilligen in der Feuerwehr, werde ich so akzeptiert. Da musste ich aber schon ein bisschen mehr kämpfen. Aber es sind da auch mehr Leute. Je größer die Gruppe wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass da halt ein paar Idiotinnen dabei sind.
Was würdest du dir von deinen Kamerad*innen wünschen?
Es gibt zum Beispiel ein paar wenige Leute, die wollen nicht meinen neuen Namen benutzen, obwohl die mich gar nicht anders kennengelernt haben. Das finde ich kindisch. Und dann gibt es noch so Diskussionen wie „Auf welches Klo gehe ich?“ Ich gehe jetzt auf ein extra separiertes – solche Dinge könnten besser sein. Bei einem Einsatz macht das alles keinen Unterschied. Da musst du deinen Job machen, egal ob du queer oder hetero bist.
Wie kommt es, dass du deinen Freiwilligendienst bei der Caritas, also einem katholischen Träger, machst?
Das war Zufall. Ich wohne hier, ich bin hier bei der Feuerwehr, hier gab es die Stelle – also habe ich mich hier beworben. Am Anfang war ich tatsächlich skeptisch: Kann ich das da jetzt sagen, kann ich es nicht? Ich möchte mich nicht verleugnen, also habe ich es gesagt und es haben alle gut reagiert. Ich bin ja auch nicht der einzige queere Freiwillige.
Jack (19) macht seit September 2021 seinen Freiwilligendienst (FSJ) bei der Feuerwehr Bretten. Träger ist der Caritas Diözesanverband Freiburg. Dass er trans* ist, wusste er bereits in jungen Jahren („Ich bin Papas Sohn“) – hat aber dennoch lange gebraucht, um sich zu outen. Jacks Traumberuf ist Feuerwehrmann.
Informationen zum Freiwilligendienst bei der Caritas gibt es auf: freiwilligendienste-caritas.de – hier findest du viele Einsatzstellen, nicht nur bei der Feuerwehr.